Frederic Laloux zeigt in diesem sehr anschaulich visuell aufbereiteten Leitfaden, wie zukunftsweisende Unternehmen organisiert sind, in denen Mitarbeiter gern arbeiten, Kunden sehr zufrieden sind und die noch dazu sehr erfolgreich sind. Die drei wesentlichen Faktoren für den Erfolg sind Selbstführung, Suche nach Ganzheit und evolutionärer Sinn. Unternehmen, die dies konsequent umsetzen, existieren bereits und Laloux bietet verblüffende Einsichten, was diese Unternehmen so anders und so erfolgreich macht. Das in wenigen Stunden flott lesbare Buch sei jedem Unternehmensleiter stark empfohlen. Es ist eine äußerst inspirierende Lektüre, die zeigt, wie Unternehmen in einigen Jahren organisiert sein könnten.
Autor: Frederic Laloux
Illustration: Etienne Appert
Seiten: 171
Verlag: Vahlen
Preis: 25 €
Ausführliche Kritik
Der belgische Autor Frederic Laloux ist bislang eine Art Geheimtipp. In der Weiterbildungsszene gibt es immer wieder Kollegen, die beeindruckt über ihn sprechen. Das mag an seinem ursprünglichen Buch mit dem gleichen Titel liegen, das auf 356 eng gesetzten Seiten ungemein viel Wissen über neue evolutionäre Organisationsformen bereithält. Laloux hat sich mit der Frage beschäftigt, wie man Unternehmen evolutionär neu ausrichten kann. Dafür hat er sich weltweit nach Unternehmen mit mindestens 100 Mitarbeitern umgesehen, die evolutionäre Managementpraktiken seit mindestens fünf Jahren erfolgreich umsetzen.
Viele Manager und andere Interessierte werden sich nicht die Zeit nehmen, dieses umfangreiche Buch durchzuarbeiten. Deshalb hat Laloux, ein ehemaliger Associate Partner bei McKinsey & Company und INSEAD-Absolvent, die hier besprochene stark gekürzte und grafisch von Etienne Appert lebendig gestaltete Kurzversion herausgegeben. Hier werden die wichtigsten Ideen und Beispiele des Wälzers bildhaft und lesefreundlich auf den Punkt gebracht.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert:
Teil 1: Könnte es heute darum gehen, einen Managementansatz zu erfinden?
Teil 2: Wie arbeiten nun diese Organisationen?
Teil 3: Und … wie kommen wir dorthin?
Im ersten Teil erläutert Laloux, wie sich unsere Gesellschaft und die Unternehmen im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben. Er unterscheidet zwischen impulsiven, konformistischen, leistungsorientierten und pluralistischen Organisationsmodellen, um ihnen dann die Idee eines evolutionären Organisationsmodells gegenüberzustellen. Was hier recht theoretisch klingt, wird mithilfe der exzellenten Bilder von Appert sehr anschaulich und nachvollziehbar vermittelt. Diese Unterscheidung der Organisationsmodelle ist für die Praxis relevant. Schon hier wird aber deutlich, dass viele Unternehmen heute noch auf der Stufe der einseitigen Leistungsorientierung stehen und erst einmal den Schritt zum pluralistischen Unternehmen inklusive der konsequenten Umsetzung von Empowerment schaffen müssten, bevor an den Übergang zur evolutionären Selbststeuerung ohne Führungskräfte überhaupt zu denken wäre.
Teil 2 macht den Hauptteil des Buches aus. Hier zeigt Laloux, welche wesentlichen Faktoren die neuen evolutionären Organisationen ausmachen:
- Selbstführung
- Suche nach Ganzheit
- Evolutionärer Sinn
Diese drei Faktoren erläutert Frederic Laloux an den Beispielen echter Unternehmen, die diese Punkte bereits umsetzen. Man kann sich beim Lesen der Beispiele gut vorstellen, dass es Spaß macht, in diesen Unternehmen zu arbeiten. Die Ergebnisse der vorgestellten Organisationen sind teilweise frappierend. Besonders beeindruckend finde ich das niederländische Unternehmen Buurtzorg. Es wurde von dem Krankenpfleger Jos de Blok gegründet, der nicht mehr bereit war, unter den sowohl für Patienten als auch für Pflegepersonal sehr schlechten, meist rein wirtschaftlich ausgerichteten Bedingungen zu arbeiten. Deshalb baute er ein eigenes Unternehmen auf. In ihm arbeiten Pflegefachleute in Teams von zehn bis zwölf Personen. Es gibt keine Hierarchie, keine Führungskräfte. Die Pflegekräfte haben kein Zeitlimit und können viel länger als üblich bei den Patienten bleiben. Als Leser fragt man sich natürlich, ob so etwas funktionieren kann. Tatsächlich sind die Entwicklung und die Ergebnisse äußerst beeindruckend. Buurtzorg startete 2006 mit 6 Mitarbeitern. 2016 beschäftigt Buurtzorg bereits 10.000 Pflegekräfte! Die Zentrale hat gerade einmal 28 Mitarbeiter, welche die Teams auf deren Wunsch beraten, aber keine Weisungen geben. Laut einer unabhängigen Studie benötigt Buurtzorg für die Besuche bei Patienten 40 Prozent weniger Zeit, als vom Arzt vorgeschrieben wird. Das liegt daran, dass sie sich zwar mehr Zeit für den einzelnen Patienten nehmen, gleichzeitig aber versuchen, diesen unter Einbindung und Reaktivierung von Familie, Freunden und Nachbarn sozial zu vernetzen und so unabhängig wie möglich zu machen. Buurtzorg ist daher nicht nur profitabel, es bringt dem holländischen Sozialversicherungssystem sogar Einsparungen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro jährlich! Solche Beispiele sind es, die nachhaltig beeindrucken. Laloux stellt glaubwürdig dar, dass man glückliche Mitarbeiter, glückliche Kunden, sehr zufriedene Anteilseigner und eine lebensfreundliche Gesellschaft miteinander verbinden kann, wenn man die Organisationen und die Arbeit evolutionär organisiert.
Im dritten Teil nennt der Autor Voraussetzungen für den Aufbau solcher Unternehmen oder die Veränderung von bestehenden Organisationen. Dazu gehört unverzichtbar, dass der CEO eine evolutionäre Weltsicht im Sinne des Buches haben muss und die Eigentümer, Geldgeber oder Shareholder die Sicht ebenfalls verstehen und annehmen müssen, da sie sonst bei den ersten auftretenden Problemen den Geldhahn zudrehen. Allein diese beiden Kriterien dürften bei vielen Unternehmen nicht zu erfüllen sein. Das gilt besonders für große Konzerne, die noch in der Denkweise der einseitigen Leistungsorientierung und des Shareholder Values verhaftet sind. Laloux schreibt auf Seite 136 sehr treffend: »Es ist leichter, eine evolutionäre Organisation neu zu gründen als eine bestehende Organistation, die schon eingefahren ist, zu transformieren.« Trotzdem kann der Leser aus der Lektüre auch Ideen für klassische Unternehmen ableiten. Was am Ende des Buches bleibt, ist der starke Wunsch, dass es bald mehr solcher Unternehmen geben möge.
Fazit:
Ein äußerst lesenswertes Buch, das zeigt, wohin sich unsere Arbeitswelt entwickeln könnte. Wer das Buch gelesen hat, wird es sich fortan wünschen.
© 2017 Alexander Groth (www.leadershipjournal.de)
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