Drei Grundemotionen finden wir in jeder großen Veränderung und noch viel ausgeprägter in existenziellen Krisen wie der Corona-Pandemie. Der Umgang mit diesen drei Emotionen stellt für die meisten Führungskräfte bezogen auf die Führung in Krisen die größte Herausforderung dar, der sie oft nicht gewachsen sind. Nur wer als Leader bereits eine hohe menschliche Reife bzw. Lebensklugheit ausgebildet hat, kann trotz eigenem starken Druck bei den Mitarbeitenden auf die drei Basisemotionen souverän reagieren. Die gute Nachricht ist: Zumindest zu einem gewissen Grad kann jeder lernen, wie man mit den Emotionen richtig umgeht.
Die drei Basis-Emotionen jeder Krise
Die drei in Krisen auftretenden Emotionen sind Furcht, Ärger und Traurigkeit. Meist empfinden Mitarbeitende sie als Kollektiv auch tendenziell in dieser Reihenfolge wobei es zu Überschneidungen und Rückfällen kommen kann.
1. Angst
Jede Krise beginnt mit einem Ereignis. Bei Corona war es die sich international ausbreitenden Pandemie und die mediale Berichterstattung. Es folgten immer neue Maßnahmen der Regierung und des eigenen Unternehmens, die von jeder Menge Gerüchte und Verschwörungstheorien begleitet wurden. Nicht zu wissen, was auf einen zukommt und keine Handlungsoptionen zu haben, macht Menschen Angst, weil sie die Konsequenzen für sich selbst und ihr nächstes Umfeld nicht abschätzen können. Die stufenweise Eskalation einer Krise verstärkt das kollektive Phänomen der Angst wie ein Lautstärkeregler, den man langsam hochdreht.
2. Ärger
Wenn der Wandel dann konkret eintritt und erste unangenehme Konsequenzen zeigt, folgt zeitverzögert oder parallel die Emotion des Ärgers. Ärger ist ein Oberbegriff, zu dem Verärgerung, Zorn und Wut gehören. Während der Zorn stärker ist als die Verärgerung, bleibt er aber im Gegensatz zur Wut noch kontrolliert und auf eine bestimmte Sache gerichtet. Die erste Stufe der Verärgerung ist schnell erreicht. Wenn die Unternehmen dann nach einiger Zeit ernste Maßnahmen wie Personalabbau, Lohnkürzungen oder auch massive Kosteneinsparungen beschließen und mit immer weniger Mitarbeitern die Leistung gehalten werden muss, ist Zorn ein alltägliches Phänomen, mit dem die Führungskräfte umgehen müssen.
3. Traurigkeit
Die dritte starke Emotion ist die Traurigkeit oder, wie man es auch nennen kann: Trennungsschmerz. Sie folgt meist auf den Zorn. Die Mitarbeiter müssen sich dauerhaft auf neue Bedingungen einstellen und das bedeutet Abschied zu nehmen vom Alten. Es ändern sich im Außen der Arbeitsinhalt, die eigene Arbeitsbelastung, die Arbeitsatmosphäre, die Abläufe, die Zusammensetzung der Kollegen oder sonst etwas Wesentliches. Das Schwierigste ist für viele aber die Notwendigkeit, sich selbst verändern zu müssen. Dazu gehört zum Beispiel, feste Gewohnheiten und Rituale aufzugeben oder das eigene Selbstbild anzupassen.
Mit diesen drei Emotionen sollten Führungskräfte in Krisen umgehen können. Der gute Steuermann zeigt sich im Sturm. Leider sind viele Führungskräfte bezogen auf den Umgang mit starken Emotionen keine guten Steuermänner.
Die oft traurige Realität
Manager fokussieren sich in Krisen leider oft auf das, was sie sowieso schon gut können. In Zeiten von hoher Unsicherheit werden dann am Schreibtisch Maßnahmenpläne erarbeitet, Prozesse angepasst oder Neuberechnungen mit Excel angestellt. Dadurch wird der Kontakt mit den Mitarbeitern oft drastisch reduziert. Insbesondere Führungskräfte, die im Alltag nicht ohne einen gewissen Anflug von Stolz sagen: „Ich bin eher der rationale Typ“, fühlen sich im Umgang mit ängstlichen oder zornigen Mitarbeitern schnell überfordert.
Hinzu kommt, dass jeder Manager selbst auch Angst, Verärgerung und Traurigkeit unterliegt. Da viele aber nicht gelernt haben, damit bewusst umzugehen, verdrängen sie diese. Wer aber schon mit den eigenen Emotionen nicht umgehen kann, bekommt das selten bei den Mitarbeitern hin. Im Alltag fällt dieses Defizit an emotionaler Intelligenz bereits auf, aber etwas weniger ins Gewicht, in Krisen mit ihren starken Emotionen umso mehr. Eine solche Führungskraft erwartet dann auch von den eigenen Mitarbeitern, dass sie ihre Emotionen unterdrücken und einfach „funktionieren“. Sie sind dann schnell verärgert, wenn andere das nicht schaffen und ihre Angst oder Verärgerung allzu deutlich zeigen bzw. nicht mehr performen. Statt Verständnis und einer souveränen Reaktion, zeigt die Führungskraft bei hoher Emotionalität des Gegenübers Hilflosigkeit, die dann in Ärger umgeleitet wird: „Wieso kann er sich nicht beherrschen? Der soll sich jetzt mal zusammenreißen und seinen Job machen.“ Es folgt ein Kommentar der Zurechtweisung bis hin zu persönlicher Herabsetzung des Mitarbeiters. Die Konsequenz: Vertrauen und Loyalität des Mitarbeiters gegenüber der Führungskraft verdunsten. Ein schlechter Steuermann zeigt sich eben auch im Sturm. Gute Führung gibt Sicherheit und entspannt die Situation, schlechte Führung verschärft die Krise.