Haben Sie schon mal gehört, das jemand voller Stolz gesagt hat: »Ich habe die Krätze und bin stolz darauf.«? Eine ähnlich unangenehme Angelegenheit ist der Perfektionismus. Aber anstatt sich des Problems bewusst zu werden und stillschweigend daran zu arbeiten, sagen der Perfektionist bei jeder Gelegenheit: »Ich bin Perfektionist und das ist gut so!« Ich hatte diese Krankheit auch einmal, bin aber weitgehend geheilt.
Perfektionismus ist ein Schmerz für die Mitarbeiter
Einen Mitarbeiter, der Perfektionist ist, plagt meistens nur sich selbst. Ein perfektionistischer Chef dagegen ist, wie es die Amerikaner etwas derb nennen, ein »pain in the ass« (PITA). Für Perfektionisten ist die Welt klar aufgeteilt. Auf der einen Seite stehen die Schlamper und Chaoten. Auf der anderen Seite steht … na, wer? … nicht der Perfektionist, sondern der Könner! Er bringt 100 Prozent der erwarteten Leistung, alle sind zufrieden und glücklich. Außerhalb der Skala steht der Perfektionist. Er erbringt 120 Prozent der erwarteten Leistung.
Das ist doch super, könnte man denken. Es bringt aber leider nichts. Das Problem ist nämlich: Niemand außer dem Perfektionisten selbst merkt den Unterschied. Perfektionisten beschäftigen sich oft mit Details, deren Optimierung überhaupt niemand bemerkt. Sie schwören aber, dass es genau auf diese Details ankommt und verursachen damit unnötige Arbeiten. Tatsache ist, dass wir alle in einer hektischen Welt leben und vielen Ablenkungen, Störungen und Zeitdruck unterliegen.
Seien Sie ein Könner statt ein Perfektionist
Eine Arbeit muss sauber sein und ihrem Zweck entsprechen! Ein Text sollte beispielsweise fehlerfrei und ansprechend formuliert sein. Das reicht. Eine Werbeagentur, die 100.000 Euro für einen Werbetext bekommt, der deutschlandweit auf Großwerbeflächen plakatiert wird, kann perfektionistisch sein. Sie wird sogar dafür bezahlt. Aber eine E-Mail, eine Sitzungsvorlage muss »nur« verständlich formuliert und von guter Qualität sein. Das reicht! Mit allem anderen verursacht der Perfektionist einen Mehraufwand, der sich über die Wochen auf viele Manntage summiert und die Mitarbeiter teils hochgradig demotiviert. Er erkennt nämlich gute Leistung nicht an und fordert immer wieder unsinnige Korrekturen. Die Mitarbeiter nennen einen solchen Chef übrigens nicht Perfektionist, sondern Pedant!
Und welchen Nutzen hat der Mehraufwand? Wenn Sie abends nach Hause kommen und öffnen die Post, dann überfliegen Sie die Briefe. Werbung kommt in den Müll, Beitragsinformationen der eigenen Versicherung in den Ordner und Rechnungen auf den Schreibtisch. Lesen Sie diese Briefe aufmerksam? Beschäftigen Sie sich mit den Formulierungen der einzelnen Sätze und denken: »Das ist aber elegant formuliert.«? Eben. So geht es den meisten Menschen.
- Wie schaut es mit Ihnen aus? Sind Sie Könner oder Perfektionist?